Heute kaum vorstellbar, dass es noch vor nicht so langer Zeit eine lange Ära gegeben hat, als die Welt bevölkert war von gigantischen Herden großer Grasfresser wie Rindern, Büffeln, Elchen, Bisons, Springböcken, Gnus, Karibus, Rentieren, Pferden und anderen mehr und vor sehr langer Zeit auch Mammuts. Und sie alle haben über Jahrtausende hinweg die größten Kohlenstoffspeicher der Erde geschaffen: Prärielandschaften.
Im Gegensatz zur weitverbreiteten Annahme sind nicht Wälder, sondern Grasländer die effektivsten Kohlenstoffsenken, denn sie speichern Kohlenstoff vor allem tief in den Böden. Bäume tun dies primär oberirdisch in ihrem Holz.
Mit der riesigen Anzahl dieser Grasfresser entwickelten sich ebenso starke Populationen von insbesondere rudeljagenden Raubtieren. Deren permanente Präsenz führte dazu dass sich die Grasfresser zu großen Herden zusammenschlossen und meist sehr dicht zusammenlebten. Da sie aber überall dort „düngten“ wo sie auch fressen wollten, mussten sie ständig in Bewegung bleiben auf der Suche nach neuem Gras und wanderten sehr sehr weite Strecken. Meist kamen sie erst im nächsten oder auch übernächsten Jahr an dieselbe Stelle zurück. Durch die Wanderung in riesigen Herden düngten sie zum einen die alle Flächen über die sie kamen mit ihrem Dung und durch das Abfressen des oberen Teils der Gräser sorgten sie dafür dass sich die Gräser verjüngten und verstärkt nachwuchsen, zum anderen lockerten die Tiere den Boden mit ihren Hufen und vor allem trampelten sie einen sehr großen Teil des alten Grases in den Boden.
Das war genauso wichtig wie das fressen, weil auf 2/3 der Landfläche unseres Planeten die Mikroorganismen, die diese Pflanzenreste zu Humus abbauen können nur entweder in einem Tiermagen oder in der Erde leben können. Bleiben die Pflanzen stehen, trocknen sie im Herbst und der Kohlenstoff verfliegt in die Luft anstatt als Humus im Boden gebunden zu werden. Das fressen, trampeln, düngen und die lange Ruhezeit bis zum nächsten Jahr, sorgten nicht nur für die Entwicklung mannshoher Gräser und ebenso tiefer Wurzelsysteme, sondern auch die Speicherung von Kohlenstoff in mächtigen Humusschichten.
Dann kam der Mensch und zerschnitt ihre Wanderrouten mit Siedlungen, Straßen, Städten und rottete die allermeisten der großen Herdentiere aus.
Erstmal zurück zum Kohlenstoff. Ein gesunder Boden speichert riesige Mengen Kohlenstoff. Und das funktioniert vor allem so: Pflanzen nehmen CO₂ aus der Luft auf. Sie spalten es durch Photosynthese in C (Kohlenstoff) und O₂ (Sauerstoff). Den Sauerstoff geben sie wieder ab und den Kohlenstoff verwenden sie für ihr Wachstum. Gräser haben dabei die besondere Eigenschaft dass sie zwischen 40 und 60 Prozent des Kohlenstoffs in Form von Wurzelausscheidungen in den Boden pumpen und damit die Mikroorganismen füttern. Dort unten bleibt dann ein Teil des flüssigen Kohlenstoffs am Ende in Form von Humus gespeichert. Und Gräser haben noch eine andere Besonderheit. Sie brauchen die Grasfresser. Denn im Gegensatz zu Bäumen müssen sie „eingekürzt“ werden um sich verjüngen zu können. Passiert diese Verjüngung nicht, werden die Gräser alt und grau und vertrocknen. Die Photosynthese wird gestört und es gelangt kein Kohlenstoff mehr über ihre Wurzelausscheidungen in den Boden. Der noch vorhandene Kohlenstoff gelangt zurück in die Atmosphäre, und die Böden erodieren und sterben. Mit dem verschwindenden der riesigen Herden hat dieser Kreislauf nach und nach aufgehört zu funktionieren.
Der Methanausstoß eines solchen Tieres ist dabei relativ unbedeutend im Vergleich zu den Unmengen an Kohlenstoff, die durch die Degradation gesunder Böden freigesetzt werden. Weiden und bewegen sich Grasfresser auf dieselbe Art und Weise auf Graslandschaften, wie sie das in großen intakten Ökosystemen getan haben, werden sie zu Werkzeugen innerhalb der Ökosysteme, um diesen Kohlenstoffkreislauf wieder in Gang zu bringen.
Und was nun?
Wieder zurück zum Anfang. Allein in Amerika gab es – bevor die Weißen den Kontinent besiedelt haben – etwa 60 Millionen Bisons. Zusammen mit Rehen, Elchen und anderen waren es rund 100 Millionen große Grasfresser. Diese sind in Herden von bis zu 4 Millionen Tieren durch die Prärielandschaften gezogen und wurden begleitet von ebenso massiv auftretenden, rudeljagenden Raubtieren. Diese „Choreographie“ ist unwiederbringlich beendet.
Aber was wir tun können ist, wieder verstehen welche Rolle die großen Grasfresser in unseren Ökosystemen gespielt haben und wie dringend wir sie brauchen um unsere taumelnden Ökosysteme zu regenerieren und uns selbst damit eine Lebensgrundlage zu erhalten.
Dass wir durch sie zudem weder einen Traktor, noch Pflug, Diesel, Kunstdünger oder eine Fabrik brauchen um uns ernähren und kleiden (Leder) zu können, spielt dabei erstmal eine untergeordnete Rolle.
Entscheidend ist, dass wir die Tiere wieder aus den Ställen holen und sie die großen Herden von einst imitieren lassen. In fünf Wörtern zusammengefasst: „dicht gedrängt und in Bewegung“. Dazu lange Erholungszeiten für die Gräser. Wir Menschen imitieren dabei die Raubtiere.
Und das beste: Alles was wir dazu brauchen ist ein mobiler Zaun. Sonst nix.
So haben sich die in einigen Teilen unseres Planeten mehrere Meter mächtigen Humusschichten – und damit sehr sehr viel Kohlenstoff – unter den Graslandschaften entwickelt.
Da wollen wir wieder hin.
Deshalb machen wir genau das.
Hier auf 270 ha in Märkisch Luch, Brandenburg!
Aus Liebe zum Leben das leben will, inmitten von Leben das leben will.